Newsletter Oktober

mit dem nachfolgenden Schreiben möchten wir Sie über unsere Aktivitäten in Sachen OGTT informieren

Screening auf Gestationsdiabetes (GDM) Vorgehensweise zur OGTT Stufendiagnostik

Sehr geehrte/r Frau/Herr ……….,

mit unserem heutigen Schreiben möchten wir Sie über die Aktivitäten der Fachkommission Diabetes in Bayern (FKDB) informieren.

Bereits seit mehreren Jahren ist die Vorgehensweise zur Diagnostik eines Gestationsdiabetes (GDM) Gegenstand zahlreicher Gespräche zwischen unserem Fachverband und den Krankenkassen sowie der KVB.

Aktuell ist zur Diagnostik eines Gestationsdiabetes (GDM) ein zweiseitiges Vorgehen zwingend: Screening-Test mit 50 g Glukose, Diagnose-Test mit 75 g Glukose.

Die Testung erfolgt in der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche und damit zu einem Zeitpunkt, wo die Fetogenese längst vorbei ist. Zu diesem Zeitpunkt kann mittels Glukosebelastung auch nicht mehr differenziert werden, ob die Frau bereits vor der Schwangerschaft einen Typ 2 Diabetes hatte.

Bei jeder nicht schwangeren Frau ist bei Verdacht auf eine Zuckerstoffwechselstörung ein 75 g OGTT eine Kassenleistung und das auch ohne vorherigen Screening-Test.

Als Ärzte können wir nicht akzeptieren, dass schwangere Frauen diesbezüglich anders behandelt werden. Dies ist in Anbetracht der zunehmenden Fälle von Hormontherapie in der Schwangerschaft und anhaltend hohen Zahlen adipöser Patientinnen nicht länger hinnehmbar. Jede schwangere Frau hat ein Recht auf eine rasche, korrekte und eindeutige Testung. Ein negativer 50 g Suchtest birgt die Gefahr, einen Gestationsdiabetes zu übersehen, ein falsch positiver Suchtest führt zu einer unnötigen Doppeldiagnostik. Der 50 g Suchtest ist deshalb nicht geeignet, um Risiken für Mutter und Kind in der Schwangerschaft rechtzeitig zu erkennen und das Outcome für Mutter und Kind zu optimieren.

Alleine ein 75 g Test bei ALLEN Schwangeren schafft Sicherheit.

Als Testlösung werden in Bayern (im Unterschied zu vielen anderen Bundesländern) die Kosten für die Fertiglösung (Dextro OGTT) von den Krankenkassen nicht übernommen. Die Diagnostik erfolgt deshalb mit einer Trink-Glukose-Lösung, die in der Arztpraxis selbst hergestellt werden muss und den Frauen vielfach Übelkeit und Erbrechen bereitet. Bereits mehrfach wurde sowohl der KVB als auch den Krankenkassen die wissenschaftliche Evidenz für eine Fertig-Trinklösung dargestellt, bislang jedoch ohne Resonanz.

Als Fachkommission haben wir dafür Sorge zu tragen, dass JEDE Frau in der Schwangerschaft RECHTZEITIG einer korrekten Diagnose zugeführt wird. Dafür ist zwingend eine Fertig-Trinklösung erforderlich. Eine Testung vor der Schwangerschaft ermöglicht rechtzeitig die Diagnose Typ 2 Diabetes, das wäre ein echter Beitrag zur Prävention von Typ 2 Diabetes in Bayern. In der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche jedoch sollte unverzüglich ein 75 g OGTT-Test erfolgen. Der 50 g Screening Test führt zu unnötigen Doppeluntersuchungen und leider vielfach auch dazu, den raschen Zeitpunkt einer korrekten Diagnosestellung zu verzögern. Hier geht wertvolle Zeit für die Entwicklung des Kindes verloren und das Risiko für Fehlbildungen, Schulterdystokie oder Sectio steigt.

Als Ärzteschaft tragen wir die Verantwortung für Mutter und Kind und können nicht weiter tolerieren, dass wirtschaftliche Interessen seitens der Krankenkassen eine exakte und zeitgerechte Diagnostik verhindern. Auch ist nicht nachvollziehbar, weshalb bei jeder anderen Patientengruppe der Verdacht auf einen Diabetes mellitus mittels 75 g OGTT abgeklärt wird, nicht jedoch bei schwangeren Frauen.

Echte Prävention von Diabetes und Adipositas beginnt nicht erst im Kindes- und Jugendalter, sondern in der Schwangerschaft! Jede Frau und jedes im Mutterleib heranwachsende Kind hat ein Recht darauf, dass schwangerschaftsbedingte Komplikationen wie schwangerschaftsinduzierte Hypertonie (SIH) oder Präeklampsie vermieden werden können. Ein Gestationsdiabetes erhöht das Risiko für derartige Komplikationen sowie kindliche Komplikationen oder Fehlbildungen wie Spina bifida, Neuralrohrdefekte und kardiale Defekte.

Dazu kommt eine erhöhte Gefahr für eine Schulterdystokie oder Sectio.

Wir wenden uns mit diesem Schreiben an Fachverbände und die politisch verantwortlichen Personen, um gemeinsam im Interesse aller Schwangeren und Kinder in Bayern eine Neufassung der Vorgaben zur Diagnostik eines Gestationsdiabetes zu verhandeln. Eine solche muss sich am aktuellen Stand der Wissenschaft orientieren und nicht an einer veralteten Empfehlung aus dem Jahre 2012 (vom GBA am 02.03.2012 veröffentlicht).

Wir fordern die Kostenübernahme eines 75 g OGTT-Testes mittels Fertiglösung für alle schwangeren Frauen als einseitiges Testverfahren.

Mit freundlichen Grüßen

Für den Vorstand der FKDB

Dr. Veronika Hollenrieder

Vorstandsvorsitzende der FKDB

Literatur:

Cnattingius S, Villamor E, Johansson S, Edstedt Bonamy AK, Persson M, Wilström AK, Granath F (2013) Maternal Obesity and risk of preterm delivery. JAMA 309(22):2362-2370.

Marchi J, Berg M, Dencker A, Oleander EK, Begley c (2015): Risks associated with obesity in pregnancy, for both mother and baby: a systematic review of reviews. Obes Rev 16(8):621-638. Doi:10.1111/ obr.12288.

Schäfer-Graf U (2016) Adipositas und Schwangerschaft. Diabetologe 12:6-12. Doi: 10.1007/s11428-015-0051-8.

Verteiler:        Gesundheitsminister, Herr Jens Spahn

       Gesundheitsministerin, Frau Melanie Huml

       Deutsche Diabetes Gesellschaft e.V. – DDG

       Bayerischer Apothekerverband e.V. – BAV

       Berufsverband der Frauenärzte e.V. – BVF

       Deutsche Diabetes Stiftung – DDS

       Diabetikerbund Bayern e.V.

       Deutsche Diabetes-Hilfe

       Berufsverband niedergelassener Diabetologen in Bayern – BNBD

       KVB Kassenärztliche Vereinigung Bayerns

       GKV Spitzenverband

Für den Vorstand der FKDB

Dr. Veronika Hollenrieder

Vorstandsvorsitzende